
Am 22. Februar 2025 hielt Viktor Orbán seine jährliche „State of the Nation“-Rede, in der er die Beziehungen Ungarns zur Europäischen Union (EU) und zentrale innenpolitische Prioritäten beleuchtete. Die Rede, die auch als Vorbereitung auf die Parlamentswahlen 2026 gesehen werden kann, hob fünf zentrale Konfliktfelder mit Brüssel hervor:
Diese Themen bieten einen Einblick in die politischen Schwerpunkte der ungarischen Regierung und die anhaltenden Spannungen mit der EU.
Migration und Souveränität
Ein zentraler Punkt der Rede war Ungarns Ablehnung des neuen EU-Migrationspakts von 2024, der die Verlagerung von Migranten innerhalb der Mitgliedsstaaten ermöglicht. Orbán betonte, dass Ungarn diesen Pakt nicht akzeptieren werde und seine Grenzen weiterhin schützen wolle. Diese Haltung spiegelt die langjährige Politik des Landes wider, die auf strenge Migrationskontrollen setzt, und findet breite Unterstützung in der Bevölkerung, wie Umfragen zeigen. Gleichzeitig stellt dieser Standpunkt eine Herausforderung für die EU dar, die Einigkeit in der Migrationspolitik sucht.
Kinder- und Familienpolitik
Orbán kündigte Pläne an, die ungarische Verfassung zu ändern, um Geschlecht ausschließlich als männlich oder weiblich zu definieren. Diese Maßnahme soll traditionelle Werte stärken und steht im Kontext der Familienförderung, die durch Steuererleichterungen für Mütter und höhere Abzüge für Familien mit Kindern unterstützt werden soll. Diese Ansätze zielen darauf ab, die Geburtenrate zu steigern und spiegeln die prioritäre Rolle wider, die die Regierung der Familienpolitik beimisst.
Renten und wirtschaftliche Prioritäten
Ein weiteres Thema war die Verteidigung der sogenannten 13. Monatsrente, die 2021 wiedereingeführt wurde. Orbán stellte sie als Schutzmaßnahme gegen EU-Forderungen dar, die er als Eingriff in die nationale Wirtschaftspolitik sieht. Tatsächlich diskutieren EU-Institutionen fiskalische Reformen, um Haushaltsdefizite zu managen, doch die genauen Auswirkungen auf die Rente bleiben Gegenstand von Verhandlungen. Zudem kündigte er Pläne an, Lebensmittelpreise zu regulieren und Energiepreise für Familien niedrig zu halten, was auf die wirtschaftlichen Herausforderungen vieler Haushalte abzielt.
Energiepreise und wirtschaftliche Stabilität
Die Beibehaltung niedriger Energiepreise, die seit 2013 Bestandteil der ungarischen Politik sind, wurde als essenziell für das Wohl der Bevölkerung hervorgehoben. Diese Politik steht jedoch in Kontrast zu EU-Plänen, die Liberalisierung und Wettbewerb in den Energiemärkten fördern. Dieser Widerspruch zeigt die unterschiedlichen Prioritäten zwischen nationaler Stabilisierung und europäischer Integration.
Ukraine und EU-Mitgliedschaft
Orbán sprach sich klar gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine aus, mit dem Argument, dass dies die ungarische Landwirtschaft und Wirtschaft negativ beeinflussen könnte. Diese Position steht unter anderem im Kontext der aktuellen Herausforderungen durch ukrainische Agrarexporte, die seit 2022 in der EU für Spannungen sorgen, insbesondere unter Bauern in osteuropäischen Ländern wie Ungarn.
Ein Balanceakt zwischen Nationalstaat und EU
Orbáns Rede unterstreicht Ungarns Bestreben, seine nationale Souveränität zu wahren, während es Teil der EU bleibt. Die genannten Konflikte sind Ausdruck eines Spannungsfeldes, das nicht nur Ungarn, sondern auch andere Mitgliedsstaaten beschäftigt. Gleichzeitig bietet die Rede einen Einblick in die innenpolitischen Prioritäten, wie wirtschaftliche Stabilität, Familienförderung und kulturelle Identität, die Orbán als Grundpfeiler seiner Politik sieht. Ob dieser Kurs langfristig die Beziehungen zu Brüssel festigt oder weiter belastet, hängt von den kommenden Verhandlungen und Entwicklungen ab.

Die Rede markiert einen klaren Auftakt für die politische Agenda vor den Wahlen 2026 und lädt dazu ein, die komplexen Dynamiken zwischen nationalen Interessen und europäischer Zusammenarbeit zu betrachten – ohne vorgegebene Bewertungen, sondern als Einladung zum Nachdenken über die Zukunft Europas.
Analyse via inungarn.eu
Bilder via Zoltan Kovacs & Fidesz.hu